Dreihundert und eine Nacht

So sieht eine Klasse aus.

Jordanien hat einen König, Abdullah II.
In der warmen Jahreszeit beginnt der Schultag mit "Salem Malik", dem Begrüßen des Königs. Dafür gibt es ein Lied, das jeden Morgen abgespielt wird, während die Klassen in der Reihe stehen und mitsingen.
Anschließend machen alle gemeinsam Gymnastik, bevor sie in die Klassen gehen.
Die 1. bis 3. Klassen haben feste Klassenlehrerinnen, ab der 4. Klassen gehen die Kinder in eine andere Abteilung und werden von Fachlehrerinnen unterrichtet. Männliche Lehrer sind selten und haben dann eher leitende Positionen (Mudir).

Jeden Monat gibt es Prüfungen in allen Fächern, d. h. ca. zwei Wochen lang jeden Tag eine. Dann heißt es, den gelernten Stoff wiederholen, um sol viele Punkte wie möglich zu sammeln. Diese Prüfungen - aber besonders die halbjährlichen "Finals" - sind versetzungsrelevant. Wer nicht in jedem Hauptfach mindestens 50 % erreicht, muss die Klasse wiederholen.

Da Ranya und Iyas hier dieselbe Klassenstufe besuchen, die sie in Deutschland schon einmal absolviert haben, kommen sie sehr gut mit und gehören selbst in Arabisch mit zu den Besten.

Für Layth ist es ein bisschen schwieriger, da er in seiner regulären Klassenstufe (5) ist und das (insbesondere sprachliche) Niveau entsprechend höher ist. Aber auch er schlägt sich ganz gut, muss hier mehr arbeiten, ist aber auch weit davon entfernt, versetzungsgefährdet zu sein.

In Jordanien tragen alle Kinder Schuluniformen. Für die kleinen Jungs sind das einfache blaue Hosen und Jacken, für die älteren hellbraune. Mädchen tragen Mariulas, das sind Kleider, die wie Mäntel vorne geknöpft werden und bis zu den Knien reichen. Sie sind ebenfalls blau und haben in einigen Varianten dunklere Absätze, Taschen und Schleifen am Kragen. Die älteren Mädchen tragen grün.

Privatschulen haben individuelle Uniformen, unsere sieht so aus:



In der Regel gibt es getrennte Mädchen- und Jungsschulen, aber mit dem selben Lehrplan. An der Mashaheer gibt es getrennte Abteilungen, von der 1. bis zur 3. Klasse aber auch gemischte Klassen (nach Wunsch der Eltern).

Die Fächer an der Standardschule sind:
عربي - Arabisch
رياضيات - Mathematik
علوم - Wissenschaft (Sachkunde)
أسلم - Islamischer Religionsunterricht
انجليزي - Englisch
رياضة - Sport
اجتماعيات - Sozialkunde
مهني - Berufskunde (nur für die älteren)
Arabisch, Mathe und Englisch werden jeden Tag unterrichtet, die englische Sprache beherrscht aber kaum ein Kind auch nur ansatzweise ...

Unsere Kinder gehen mit drei Cousins auf die Al Mashaheer Schule, die privat und kostenpflichtig ist. Sie kostet im Monat für drei Kinder ca. 350 Jordanische Dinar, das sind rund 400 Euro. Für eine jordanische Familie, in der in der Regel nur der Mann arbeitet, ist das sehr viel. Ein angestellter Facharbeiter verdient zwischen 300 und 800 Dinar. Wer selbstständig arbeitet, kann deutlich mehr verdienen, aber auch mal einen Monat komplett leer ausgehen.

An der Mashaheer gibt es noch drei weitere Fächer:
Maths und Science, hier soll Englisch gesprochen werden, was schwer vorstellbar ist, da das Niveau auch hier sehr niedrig ist.
Und Computer.

Das erste Halbjahr ist geschafft! Es War nur dreieinhalb Monate lag, aber sehr anstrengend. Und das nicht nur für uns, auch für die ausschließlich arabischen Kinder und Mütter.
Jeden Tag gibt es Hausaufgaben in fast jedem Fach. Die Aufgabenstellung ist häufig für die Kinder nicht allein zu verstehen. Für mich auch nur schwer, wenn es arabisch geschrieben ist. Für die anderen, wenn in Englisch.
Die Schulbücher und Lehrpläne sind für ganz Jordanien standardisiert und unseren von Aufbau und Gestaltung recht ähnlich. Im Bildungsministerium scheinen lerntheoretische Erkenntnisse schon angekommen zu sein, in den Schulen nur bedingt.
Lehrer sind wie bei uns zum größten Teil weiblich und eher streng. Das ist hier - besonders bei den Jungs - auch nötig, denn Disziplin lernen Kinder hier erst in der Schule bzw. Vorschule. Das letzte Jahr vor der Schule ist Pflicht, weil dort auch schon die arabischen und englischen Buchstaben sowie die indischen Zahlen (die hier verwendet werden!) und die arabischen Zahlen ( die bei uns verwendet werden). Die Lernmethode ist ziemlich schulähnlich und die Gruppen heißen صف (saf - Klasse).

Wir leben hier am Rande einer steppenartigen Wüste. Hier ist es nicht nur im Sommer sehr heißen trocken, sondern im Winter auch ziemlich kalt. Wenn wir morgens aufwachen, ist die Temperatur draußen nahe dem Gefrierpunkt. Und da es im Haus keine fest installierte Heizung - irgendeine Art von Wärmeisolierung schon gar nicht - gibt, kommen wir auch drinnen nur etwas über zehn Grad. Wir haben eine mobile Gasheizung, die ein kleines Zimmer ganz gut erwärmen kann - solange sie läuft.
Daher haben wir uns für den Winter alle im Jungszimmer eingerichtet, weil das dem Bad und der Küche am nächsten liegt und komplett mit Teppich ausgelegt ist.
Tagsüber heizt die Sonne (die glücklicherweise fast immer scheint) die Luft auf 12 bis 15 °C auf, was sich dann au noch ein bisschen wärmer anfühlt. Sie hat nur nicht viel Zeit, gegen 6:30 wird es hell und um halb fünf am Nachmittag ist schon wieder Nacht. Die Zeit ist hier genauso auf Winterzeit umgestellt wie in Deutschland.

Wovon in Deutschland alle schon genug haben, ist hier eine kleine Sensation. Regen. Echte dicke Tropfen aus den Wolken. Regen gibt es hier nur zwischen Oktober und April und auch dann nicht oft. Der größte Teil Jordaniens ist Wüste, nur am toten und am roten Meer herrscht schwülwarmes Klima. Im Jordantal, Jordaniens Landwirtschaftszentrum, wird das meiste Obst und Gemüse produziert, das hier auf den Märkten zu kaufen ist.
Der Regen heißt Shitta, der Winter auch. Vielleicht annähernd wie Regenzeit. Jetzt hat aber erstmal der Herbst begonnen, der heißt Charif.